Zu zart für diese Welt? 7 Tipps für Hochsensible
Dann komme ich nachhause – und muss heulen.
Obwohl es ein perfekter Tag war, obwohl ich so gerne unterwegs bin und neue Menschen kennenlerne.
Wieder einmal war mir alles zu viel. Wieder einmal fühle mich dieser Welt nicht gewachsen.
Dieser Welt mit ihren vielen Eindrücken, den intensiven Geräuschen und Gerüchen, den vielen Menschen und ihren Gefühlen, die ich so stark wahrnehme, als wären es meine eigenen.
Wieder einmal bin ich verzweifelt, weil ich diese Welt so sehr liebe, weil ich sie ganz und gar in mich aufnehmen, ganz und gar in sie eintauchen und auch noch in ihren allerletzten Winkel vordringen will, und alles kennenlernen, was sie an Wunderbarem hervorbringt.
Und weil ich gleichzeitig das Gefühl habe, viel zu zart für sie zu sein.
Wie oft habe ich mir schon gewünscht, robuster zu sein, nicht so viel zu spüren und zu ahnen, nicht so tief zu empfinden, mich besser schützen zu können, meine Grenzen besser zu spüren und unterscheiden zu können, was deins ist und was meins. Nicht alles, was auf mich einströmt, ungefiltert aufzusaugen, und dann so heillos überfordert zu sein von all den Reizen, Informationen, Schwingungen und Frequenzen.
Wie oft schon hatte ich das Gefühl, dass für meine Zartheit hier nicht der richtige Platz ist. Und dass mit mir etwas nicht stimmt.
Ich bin eine HSP – eine hochsensitive Person.
Wenn mein Sohn sich mit seiner elektrischen Zahnbürste die Zähne putzt, fühlt es sich an, als würde ich neben einem Presslufthammer auf der Baustelle stehen. Im Einkaufszentrum schaltet mein hocherregbares Nervensystem auf Panikmodus. Wenn meine Nachbarn den Fernseher andrehen, drehe ich fast durch. Aber Geräuschempfindlichkeit – und ganz allgemein feine Sinneswahrnehmungen – sind nur ein Aspekt von Hochsensitivität.
Ich habe auch ungemein feine Antennen für das, was andere fühlen oder denken. Irritationen und Unstimmigkeiten nehme ich sofort wahr – auch über weite Entfernungen, und auch bei Menschen, die ich kaum kenne. Die Zwischentöne erlebe ich intensiver als das, was sich an der Oberfläche zeigt. Oft weiß ich schon im Vorhinein, wer anrufen wird, von wem ich ein Mail bekommen werde, wer schwanger ist, und wer sich von wem trennen wird. Smalltalk ist mir ein Gräuel, starke Gerüche, derbe Witze, Actionfilme und TV-Nachrichten sowieso, bei einem niedrigen Blutzuckerspiegel schwanke ich zwischen Mordgelüsten und Ohnmachtsanfällen, jeden Wetterumschwung spüre ich schon drei Tage bevor im Biowetter Reizbarkeit und Kopfschmerzen prophezeit werden, und wenn irgendwo ein Baby weint, zerspringt mir fast das Herz.
Erkennst du dich in manchem wieder? Dann gehörst du vielleicht auch zu den 15 bis 20 Prozent der Menschheit, die hochsensitiv sind (manchmal wird auch von Hochsensibilität gesprochen, gemeint ist meist das gleiche).
Vielleicht denkst du aber auch nur: Hääää?
Dann lies bitte trotzdem weiter. Denn selbst wenn du kein hochsensitiver Mensch bist, gibt es in deinem Umfeld mit Sicherheit einige Hochsensitive. Und es ist gut zu wissen, wie es ihnen geht, denn sie brauchen Verständnis und Rücksichtnahme von ihrem Umfeld.
Obwohl – und das ist ganz wichtig: Hochsensitivität ist keine Behinderung, kein Defizit und keine Krankheit.
HSP halten auch nicht weniger aus als andere – sie nehmen nur mehr wahr. Das hat meist sogar ganz handfeste physiologische Ursachen. Das Nervensystem von HSP ist empfindlicher und arbeitet mit deutlich weniger Übertragungsverlusten, weil in ihren Regelkreisläufen mehr relevante Neurotransmitter vorhanden sind als in denen von “normalsensitiven” Menschen. Hochsensitive Menschen nehmen mehr und feinere Details auf und verarbeiten Eindrücke und Sinnesreize ausführlicher und tiefer. Dadurch kommen sie viel schneller in einen Zustand der Überreizung als Nicht-HSP.
~ C.G. Jung
Was C.G. Jung, der Begründer der analytischen Psychologie, als “durchsichtige Wände” beschreibt, ist genau mein Grundgefühl zur Hochsensititivität: Durchlässigkeit nämlich. Und trotz jahrelanger Übung und Bewusstheitszuwachs habe ich noch immer wenig Kontrolle darüber, was in mein System eindringt und was nicht.
Wie jede Gabe kann Hochsensitivität auch eine Bürde sein. Manchmal empfinde ich es so. Meistens aber bin ich dankbar für den Reichtum und die Intensität meiner Wahrnehmungen, Empfindungen und Gefühle.
Das Spektrum der Hochsensitivität ist groß. Manche HSP sind besonders sensorisch sensibel, das heißt sie nehmen Geräusche, Gerüche und optische Eindrücke besonders stark wahr. Andere sind besonders emotional sensibel. Sie reagieren stark auf die Feinheiten in zwischenmenschlichen Beziehungen, sind empathisch und haben eine ausgeprägte Intuition. Wieder andere sind vor allem kognitiv sensibel, haben ein starkes Gefühl für komplexe Zusammenhänge, Logik und wissenschaftliche Disziplinen. Bei den meisten Hochsensitiven ist es eine Mischung aus diesen drei Aspekten.
{Ich zum Beispiel bin nicht nur eine HSP, sondern auch ein HSS: ein High Sensation Seeker. Ein Mensch also, der im Gegensatz zu 70 % der HSP nicht introvertiert, sondern eher extrovertiert ist, jemand, der ständig auf der Suche nach neuen Eindrücken, Bekanntschaften, Impulsen und Lernerfahrungen ist, Abwechslung liebt und Routine hasst, vor Sehnsucht nach dem Neuen brennt und dann oft völlig überfordert ist von den vielen neuen Reizen. Ein Mensch also, der ohne Zögern in ein rotes Cabrio einsteigen und mit 200 Sachen über die Autobahn rasen würde, wenn sich die Gelegenheit dafür böte – wohl wissend, dass er mit drei Tagen Migräne für diesen Trip bezahlen wird. Kein Wunder, dass mein Leben so dynamisch ist :-)}
Da hochsensitive Menschen zwar viel gemeinsam haben, ihre Nervensysteme aber trotzdem ganz unterschiedlich gestrickt sein können, ist es schwierig, allgemein gültige Tipps zu geben. Trotzdem möchte ich dir ein paar der Dinge verraten, die bei mir gut funktionieren. Sie sind übrigens auch für Nicht-HSP nützlich – denn auch sie sind hin und wieder überstimuliert und überfordert von zu vielen Reizen! Zum Abschluss gibt es noch ein paar weiterführende Links, Buchtipps und ein wohltuendes Video.
1. Frag dich, wie’s dir geht
Frag dich untertags immer wieder: Wie geht es mir eigentlich? Dieses Ritual aus der Achtsamkeitspraxis hilft dir, die Sinne von außen nach innen zurückzuziehen und wahrzunehmen, was sich gerade in deinem Inneren abspielt. Dadurch gelingt es dir vielleicht, die Notbremse zu ziehen, bevor du in einen Zustand totaler Überstimulation kommst – denn dann ist es meistens schon zu spät.
2. Zieh die Wollfäden ein
Schließe kurz die Augen – allein das ist schon hilfreich, um die Reizüberflutung einzudämmen, denn 95 Prozent unserer Sinneswahrnehmungen und der daraus resultierenden Impulse strömen über den optischen Kanal in uns ein.
Dann stellst du dir vor, wie du Fäden, die du ausgeworfen hast, wieder zurückziehst, indem du sie auf ein Wollknäuel aufwickelst. Diese Fäden sind deine nach außen gerichteten Sinne. Dieses Bild ist für mich ungemein hilfreich, um meine empfindlichen Antennen vor zu vielen äußeren Eindrücken zu schützen, mich zu zentrieren und wieder mehr nach innen zu spüren.
3. Setz dich hinter den Wasserfall
Stell dir vor, alle äußeren Eindrücke sind wie ein Wasserfall, der tosend hunderte Meter von einem Felsen herab in einen See stürzt. Und nun setz dich in deiner Vorstellung in eine Höhle HINTER den Wasserfall. Nimm wahr, wie alle Sinnesreize an dir vorbeiströmen, ohne dich zu berühren. Du sitzt hier und atmest, und hinter all dem Tosen macht sich Stille breit.
4. Benutze alltägliche Tätigkeiten, um Stress loszuwerden
Ich stelle mir beim abendlichen Duschen gerne vor, wie ich alles, was mir an diesem Tag zu viel war, von mir abwasche, wie alle überflüssigen Reize und Eindrücke mein System verlassen, wie jeder Stress von mir ab und in die Erde fließt. Du kannst aber auch jedes Mal, wenn du dir untertags die Hände wäschst, vorstellen, wie alles abfließt, was du nicht mehr brauchst.
5. Get unplugged!
Gönn’ dir unbedingt immer wieder Zeiten, in denen du alle elektronischen Geräte abschaltest: Kein Smartphone, kein Computer, kein Tablet, kein Internet und kein Fernseher. Es muss nicht gleich ein ganzer Tag sein – beginn einfach mal mit einer Stunde! Für mich ist es zu einem geliebten Ritual geworden, das Handy auf Flugmodus zu schalten, wenn ich nach einem langen Arbeitstag nachhause komme – begleitet von einem tiefen Seufzen. Loslassen. Aufatmen. Ruhe. Zeit für mich!
6. Sag Nein
Always remember: Nein ist ein vollständiger Satz! Als hochsensitive Person musst du dich besonders gut vor zu vielen Verpflichtungen und Anforderungen und natürlich auch vor Energievampiren schützen. Wenn du noch nicht sehr geübt im Nein-Sagen bist, dann mach es dir zur Gewohnheit, dreimal tief durchzuatmen, bevor du einen Anruf entgegennimmst. Bitte um Bedenkzeit – dafür kannst du dir einen Standardsatz zurechtlegen, zum Beispiel “Das möchte ich mir zuerst in Ruhe überlegen.”
Hochsensiblen fällt es oft schwer, Menschen mit großem Mitteilungsbedürfnis in ihrem Redestrom zu unterbrechen – mit dem Ergebnis, dass sie sich nach einem solchen Redeschwall ausgelaugt und leer fühlen. Ich habe mir dazu einen kleinen Trick einfallen lassen. Statt zu sagen, dass ich keine Zeit mehr habe, drehe ich den Spieß um und sage: “Jetzt will ich dich aber nicht mehr länger aufhalten!”
Lies dazu auch: >> Einmal Ja und wieder zurück
Zum Abschluss der wohl wichtigste Tipp:
7. Hör auf, dich zu vergleichen.
Ja, andere sind robuster als du, halten mehr aus, sind weniger empfindsam. So wie es in einem Garten hohe Bäume mit dicken Ästen gibt, die allen Stürmen trotzen, und zarte Blumen, die einen geschützten Platz brauchen, um zu gedeihen, gibt es auch unter uns Menschen solche und solche Wesen. Du bist wunderbar und einzigartig, so wie du bist. Du musst nicht anders sein. Versuch nicht, eine Eiche zu werden, wenn du eine Wickenblüte bist. Deine Kraft liegt in deiner Zartheit!
Buchtipps:
Elaine N. Aron: Sind Sie hochsensibel?: Ein praktisches Handbuch für hochsensible Menschen.
Tests:
http://www.hochsensibel-test.de/
http://www.zartbesaitet.net/survey/site.php?a=su_onepage&su_id=1
https://hochsensitive.wordpress.com/tests/
Websites:
>> Fachartikel von Sohreya Sabine Knoll zum Thema Hochsensitivität
12 Life Changers for Highly Sensitive People
Gepostet von McGill Media am Montag, 11. Juli 2016
Titelbild: © Shutterstock
Foto Cabrio: © karelnoppe – fotolia.com
Liebe Laya,
vielen Dank für deinen hochaktuellen Artikel. Als ich dies las, ergriff mich das Bedürfnis, dir eine Empfehlung auszusprechen.
Es gibt da in Linz eine Firma – Happy Future – die arbeiten mit der Psi-Resonanz-Methode. Eine Weltneuheit, welche die feinstoffliche Ebene des Menschen positiv in Resonanz bringt – völlig autonom und unwillkürlich. In deren Produktsortiment gibt es eine Schmuckaufbereitung “Schutz”.
Nachdem ich mich auch zu den sensibleren Menschen zähle – vielleicht nicht gar so intensiv wie du – habe ich mir dies bereits vor einigen Jahren zugelegt und ich bin restlos begeistert. Plötzlich stand und steht mir unglaublich viel Energie zur Verfügung. Ich hab dir den Link weitergeschickt. Es gibt einen Shop in der Magazingasse sowie eine Praxis für Bewusstseinsarbeit in der Rudigierstrasse. Kann ich dir echt empfehlen 🙂
Alles Liebe,
Tina
http://www.happy-future-shop.com/product_info.php?info=p273_amulett–schutz-fuer-erwachsene-.html